Corvette ZR-1 Challenge


von Sokrates
24.03.2003

Milton Bradley (MB) steht normalerweise für Spielspaß pur und für stundenlange, kurzweilige Unterhaltung für die ganze Familie – zumindest im Bereich der Brettspiele. Dass sie in punkto Videospiele nicht das glücklichste Händchen besitzen, haben sie bereits mit California Games bewiesen. Mit Corvette ZR-1 Challenge wagte sich MB – meines Wissens das einzige Mal - an die anspruchvolle Gilde der Rennspielfans, allerdings mit mäßigem Erfolg.

Jedem, der sich nur ansatzweise für Sportautos interessiert, dürfte Corvette ZR-1 ein Begriff sein. Die Vorstellung, mit einem derartigen Superauto über die endlosen Highways der Vereinigen Staaten zu brettern, lässt sicherlich viele Herzen höher schlagen, was der Hersteller dieses Titels gnadenlos auszunutzen versuchte. So kann sich der Spieler also, nachdem er einen von acht verschiedenen Charakteren ausgewählt hat, ans Steuer einer roten Corvette setzen und gegen einen anderen dieser acht Charakteren in einem kompromisslosen Rennen sein Können unter Beweis stellen. Natürlich besitzen die unterschiedlichen Fahrer (wenn sie vom Computer gesteuert werden) auch verschiedene Eigenschaften, womit der Schwierigkeitsgrad variiert.

Das Rennen gestaltet sich in zwei Phasen, was für reichlich Abwechslung sorgen soll. Beim ersten Teil handelt es sich um ein sogenanntes Drag Race (Beschleunigungsrennen), wo es darum geht, den Gegner mittels perfekt koordiniertem Gasgeben und Schalten abzuhängen. Ihr habt richtig gelesen: Die Schaltvorgänge liegen in den Händen des Spielers, wobei die Schwierigkeit darin liegt, dass man für einen Schaltvorgang den Fuß vom Gas nehmen muss. Eben genau wie in der Wirklichkeit. Sobald man eine kurze Strecke im Drag Race abgespult hat, wird man nahtlos übergeleitet zum Straßenrennen. Wieso es von Vorteil ist, wenn man die Beschleunigungsorgie für sich entschieden hat, wird einem an dieser Stelle vor Augen geführt. Wie es sich bei einem Rennen zu zweit gehört, fährt man mit geteilten Bildschirm, wobei in diesem Titel der führende Spieler die gesamte obere Bildschirmhälfte in Besitz nehmen darf und der Zweitplatzierte in einen winzigen Bildschirmviertel in der unteren Hälfte gequetscht wird. Die Übersicht leidet darunter dermaßen stark, dass eine Aufholjagd zur Glückssache wird, zumal zahlreiche unbeteiligte Autos und Motorräder die freie Bahn versperren und zu unfreiwilligen Flügen verhelfen. Zusätzlich erschwert auch die Tatsache, dass das Benzin sehr rasch alle ist und man gezwungen wird, am Straßenrand liegende Benzinkanister aufzusammeln. Das Rennen führt über neun Strecken, die sich von ihrer Beschaffenheit und Optik nur geringfügig unterscheiden.

Grundsätzlich sind durchaus gute Ideen vorhanden, die aber kaum für Spielspass sorgen können, da einfach zu viele Kleinigkeiten an Corvette ZR-1 Challenge nicht stimmen. Dass man an zweiter Stelle in den winzigen Bildschirmausschnitt verbannt wird, ist unverzeihlich und unverständlich noch dazu. Eine Aufholjagd, die an sich den Ehrgeiz und die Kampflust erwecken sollte, verwandelt sich blitzschnell in einen Riesenfrust. Die Sache mit dem Auftanken wäre an sich keine schlechte Idee, wenn es doch nur nicht so saumäßig schwierig wäre, die Kanister einzusammeln, die zwar brav am Straßenrand herumliegen, sich allerdings fast nur einsammeln lassen, wenn man die Geschwindigkeit stark drosselt. Kollisionen mit anderen Fahrzeugen sollen ja nicht ungestraft bleiben, da bin ich vollkommen einverstanden, aber ist es denn wirklich notwendig, dass die Autos bei jeder(!) Geschwindigkeit einen Abflug machen? Die katastrophal schwammige Steuerung setzt den ganzen spielspassmordenden Makeln noch die Krone auf.

Wer nun wenigstens optisch und akustisch mit einer Meisterleistung rechnet, wird hier ebenfalls enttäuscht. Die Strecken sind langweilig und zeugen von Ideenlosigkeit, die Umgebung und die Hintergründe lassen kaum die gewünschte Atmosphäre aufkommen und wurden ganz allgemein auf das Minimum reduziert. Die Musik beschränkt sich auf pseudo-rockige Klänge und den Sound der Corvette-Motoren. Wer jedoch jemals den 5.7 Liter Smallblock-V8 einer Corvette ZR-1 gehört hat, wird für das öde Brummen der Pixelautos nicht mehr als ein müdes Lächeln übrig haben.

Obschon nette Innovationen vorhanden sind, kann Corvette ZR-1 Challenge dem NES-Spitzenreiter in diesem Genre, nämlich Rad Racer, nicht annähernd das Wasser reichen. Neben der schlechten Spielbarkeit und den ideenlosen Strecken, macht die unterdurchschnittliche technische Umsetzung noch den Rest des verbliebenen Spielspasses zunichte. Für Rennfans und alle anderen Spieler bleibt also eigentlich nur die Möglichkeit, die Finger von diesem Titel zu lassen und statt dessen ein paar Stunden mit dem Superklassiker Rad Racer zu verbringen.


Wertung


3/10

Kommentare



Sokrates
Sicherlich einer meiner wenigen Fehlkäufe. Allein meiner Schwäche für schnelle Sportwagen ist es zu verdanken, dass sich dieser Titel überhaupt in meinem Besitz befindet. Wenn mir mal wieder danach ist, in einen heißen, roten Feuerstuhl zu sitzen und die Highways unsicher zu machen, dann ziehe ich auf jeden Fall den Ferrari aus Rad Racer vor.



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